Grundsätzlich dürfen Menschen mit Behinderungen gemäß § 7 Abs. 1 AGG, § 1 AGG (Allgemeines Gleichstellungsgesetz) nicht diskriminiert werden. Eine solche Diskriminierung – das Gesetz spricht von Benachteiligung – liegt u. a. vor, wenn der Mensch mit Behinderungen eine weniger günstige Behandlung erfährt als andere ohne Behinderungen (§ 3 Abs. 1 AGG). Grundsätzlich sprechen die Anhaltspunkte für eine Diskriminerung, wenn ein schwerbehinderter Bewerber beispielsweise nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Dies führt dazu, dass die Beweislast dafür, dass der Arbeitgeber den Bewerber nicht diskriminiert hat, gemäß § 22 AGG auf den Arbeitgeber übergeht. Diesen Beweis kann der Arbeitgeber in aller Regel nicht erbringen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun die Voraussetzungen für Menschen mit Behinderungen verschärft, um sich auf eine Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren zu berufen.
Verbot der Diskriminierung
Grundsätzlich dürfen Menschen mit Behinderungen gemäß § 7 Abs. 1 AGG, § 1 AGG (Allgemeines Gleichstellungsgesetz) nicht diskriminiert werden. Eine solche Diskriminierung – das Gesetz spricht von Benachteiligung – liegt u. a. vor, wenn der Mensch mit Behinderungen eine weniger günstige Behandlung erfährt als andere ohne Behinderungen (§ 3 Abs. 1 AGG). Grundsätzlich sprechen die Anhaltspunkte für eine Diskriminerung, wenn ein schwerbehinderter Bewerber beispielsweise nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Dies führt dazu, dass die Beweislast dafür, dass der Arbeitgeber den Bewerber nicht diskriminiert hat, gemäß § 22 AGG auf den Arbeitgeber übergeht. Diesen Beweis kann der Arbeitgeber in aller Regel nicht erbringen.
Entscheidung des BAG
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) (BAG, Urteil vom 18.09.2014 – 8 AZR 759/13) hat nun die Anforderungen für die Beweislastumkehr erhöht.
Ein Mensch mit Behinderungen hatte sich bei einem Arbeitgeber im Juni 2010 beworben. Er verfügte über einen Schwerbehindertenausweis und einen Grad der Behinderung (GdB) von 50. Zu einem Vorstellungsgespräch, an dem auch die Schwerbehindertenvertretung des Unternehmens beteiligt wurde, wurde der Bewerber eingeladen. Diese Bewerbung kam nicht zum Zuge und er erhielt eine Ablehnung.
Daraufhin bewarb er sich Ende Juli 2010 erneut bei dem selben Unternehmen, allerdings auf eine andere Stelle und bei einer anderen Abteilung. Er wies weder in seinem Anschreiben noch in dem beigefügten Lebenslauf auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hin. Lediglich auf Seite 24 der 29-seitigen Anlage befand sich eine Kopie des Schwerbehindertenausweises.
Der Arbeitgeber – eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (!!!) – lehnte den Bewerber ab, ohne ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Grundsätzlich sind öffentlich-rechtliche Arbeitgeber hierzu gemäß § 82 Satz 2 SGB IX (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch) verpflichtet und die Nicht-Einladung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers begründet zumindest den Anschein einer Diskriminierung. Der Bewerber verlangte nun eine pauschale Entschädigung für die Diskriminierung vor dem Arbeitsgericht.
Das BAG vertrat jedoch die Auffassung, dass der Bewerber nicht deutlich genug auf die Schwerbehinderung hingewiesen habe. Sein Hinweis in der ersten Bewerbung sei nicht zu berücksichtigen. Ein Bewerber müsse in jeder Bewerbung auf die Schwerbehinderung hinweisen, wenn er sich später auf eine eventuelle Diskriminierung berufen möchte. Denn es komme nach dem SGB IX (beispielsweise § 81 SGB IX) immer auf den Zeitpunkt der Bewerbung an, in diesem Zeitpunkt muss der Bewerber schwerbehindert sein und nicht vorher schwerbehindert gewesen sein. Darüber hinaus habe der Arbeitgeber auch das Bundesdatenschutzgesetz zu beachten und dürfe die Schwerbehinderteneigenschaft nicht unbegrenzt speichern. Ferner liege es bei dem Schwerbehinderten Menschen, ob er die Schwerbehinderung berücksichtigen will.
Der Bewerber muss daher, wenn er sich später darauf berufen will, entweder in dem Anschreiben auf die Schwerbehinderteneigenschaft hinweisen oder aber „deutlich hervorgehoben“ in dem Lebenslauf. Dies hat der Bewerber nicht getan, die Kopie des Schwerbehindertenausweises befand sich auf Seite 24 von 29 der Anlagen.
Kritik
Für Bewerber mit Behinderungen wird es nun schwerer zu beweisen, dass sie möglicherweise diskriminiert worden sind. Denn wenn der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangt, obwohl der Bewerber hierauf nicht – oder nicht ausdrücklich – hingewiesen hatte, wird es kaum möglich sein, nachzuweisen, dass der Arbeitgeber dies negativ berücksichtigt hat. Leider steht das in einer Linie mit der Rechtsprechung des BAG (vgl. auch BAG, Urteil vom 26.09.2013 – 8 AZR 650/12; auch Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 29.1.2014, Az.: 11 Ca 6438/13). Wenn man sich die Schwerbehinderung zu nutze machen möchte, sollte man deswegen ausdrücklich, am besten schon im Anschreiben auf die Schwerbehinderung hinweisen. Wenn man in dem Lebenslauf auf die Schwerbehinderung hinweist, dann sollte man diese Information deutlich hervorheben.
Wichtig: Das heißt nicht, dass man die Schwerbehinderung angeben muss. Ganz im Gegenteil sagt das BAG am Rande, dass es dem Bewerber freisteht, ob er eine Schwerbehinderung angeben möchte oder nicht.
Das Urteil liegt noch nicht im Volltext vor.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.