Schild mit dem Text "Eltern haften für ihre Kinder"

Mei­ne Eltern haf­ten für mich…

… so oder so ähn­lich steht es an eigent­lich jeder daher gelau­fe­nen Bau­stel­le. Der Spruch „Eltern haf­ten für ihre Kin­der“ ist in Deutsch­land weit verbreitet.Schild mit dem Text "Eltern haften für ihre Kinder"

Der geneig­te Leser fragt sich aber, war­um das gan­ze dort steht, einen juris­ti­schen oder prak­ti­schen Sinn hat das gan­ze nicht.

Haftungssituation

In Deutsch­land haf­ten die Per­so­nen, die sel­ber einen Scha­den ver­ur­sa­chen nach § 823 Abs. 1 BGB. Das ist bei­spiels­wei­se der Fall, wenn eine Per­son eine Sache beschä­digt oder eine Per­son ver­letzt. Der Schä­di­ger muss dann den Scha­den bezah­len. Dabei gilt aber immer der Grund­satz, jeder haf­tet nur für sei­ne eige­nen Feh­ler. Das bedeu­tet, haue ich Dich, zah­le ich die Behand­lungs­kos­ten. Haut Dich jemand anders, musst Du jemand anders verklagen.

Davon gibt es eini­ge weni­ge Aus­nah­men, bei­spiels­wei­se haf­tet der Hal­ter eines Kraft­fahr­zeu­ges gemäß § 7 Abs. 1 StVG für Schä­den, die bei dem Betrieb des Kraft­fahr­zeu­ges ent­ste­hen, ganz egal, ob er gefah­ren ist und/oder an dem Scha­den mit­ge­wirkt hat. Eine ähn­li­che Rege­lung gibt es auch in § 25 AtG, danach haf­ten Betrei­ber von Atom­kraft­wer­ken für Schä­den aus dem Betrieb. Kin­der sind in Deutsch­land aber kei­ne Kraft­fahr­zeu­ge und kei­ne Atom­kraft­wer­ke. Eine Gefähr­dungs­haf­tung für Kin­der gibt es in Deutsch­land nicht. Auch Eltern haf­ten daher nur für eige­nes Ver­schul­den, bei­spiels­wei­se für Ver­let­zun­gen der Auf­sichts­pflicht. Zur Auf­sichts­pflicht gehört es aber nicht, Kin­der fort­lau­fend ein­zu­sper­ren oder lücken­los zu über­wa­chen. Viel­mehr sin­ken die Anfor­de­run­gen an die Über­wa­chungs­pflich­ten mit zuneh­men­dem Alter. In aller Regel haf­ten Kin­der daher nur für sich selber.

Kin­der bis 7 Jahre

Wegen § 828 Abs. 1 BGB haf­ten Kin­der bis 7 Jah­re grund­sätz­lich nicht. Der Hin­ter­grund ist, dass klei­ne­re Kin­der etwas beschä­di­gen kön­nen, ohne dass sie etwas dafür kön­nen. Man­che Bewe­gun­gen sind etwas unko­or­di­nier­ter als bei Erwach­se­nen, außer­dem fehlt noch die Erfah­rung. Machen die Kin­der etwas kaputt, dann hat der­je­ni­ge Pech, dem die Sache gehört hat. Anders ist das natür­lich, wenn Eltern ihre Auf­sichts­pflicht ver­let­zen, dann haf­ten sie ja wie­der selber.

Sofern das Schild auf den Bau­stel­len für eine ver­trag­li­che Haf­tungs­ver­ein­ba­rung sor­gen soll, kann die­se natür­lich mit Kin­dern bis 7 Jah­re nicht geschlos­sen wer­den. Denn gemäß § 104 Nr. 1 BGB sind Kin­der bis 7 Jah­re geschäfts­un­fä­hig und mit die­sen geschlos­se­ne Ver­trä­ge gemäß § 105 Abs. 1 BGB nich­tig, auch wenn das Schild ja ver­sucht die Haf­tung den Eltern aufzubürden.

Kin­der von 7 bis 18 Jahren

Kin­der von 7 bis 18 Jah­ren kön­nen nach § 823 Abs. 1 BGB sel­ber haf­ten, wobei deren Haf­tungs­maß­stab nach § 828 Abs. 3 BGB ein­ge­schränkt sein kann. Mit zuneh­men­dem Alter nimmt inso­weit natür­lich auch die „Haf­tungs­rei­fe“ zu. Die­se Rege­lung gilt aber von Geset­zes wegen.

Wenn wir nun wie­der unter­stel­len, das Schild stellt eine ver­trag­li­che Haf­tungs­ver­ein­ba­rung dar, haben die Schil­der­fin­der § 107 BGB über­se­hen. Denn Kin­der zwi­schen 7 und 18 Jah­ren sind in der Geschäfts­fä­hig­keit nach § 106 BGB beschränkt. Der Ver­trag ist schwe­bend unwirk­sam, § 108 Abs. 1 BGB. Die Eltern müss­ten den Ver­trag also geneh­mi­gen, das wer­den sie kaum tun, sie kön­nen ohne Nach­teil den Ver­trags­schluss ableh­nen. Dar­über hin­aus könn­ten die Kin­der nicht wirk­sam einen Ver­trag zu Las­ten ihrer Eltern abschlie­ßen, auch hier­für bedürf­te es der Einwilligung.

Erwach­se­ne Kin­der oder Kin­der in Beglei­tung ihrer Eltern

Erwach­se­ne Kin­der oder Kin­der, die von ihren Eltern beglei­tet wer­den könn­ten natür­lich eine sol­che ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung schlie­ßen. Die Eltern müss­ten aller­dings (Ver­trag zu Las­ten Drit­ter) zustim­men, dazu wird es wohl nie kom­men. Selbst wenn man annäh­me, dass die Eltern einem sol­chen Ver­trag kon­klu­dent zustim­men, in dem sie das Kind in Kennt­nis die­ses Schil­des dort spie­len lie­ßen, müss­te man das Schild als all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung im Sin­ne von § 305 BGB ein­stu­fen (also genau wie das Klein­ge­druck­te in Ver­trä­gen). Gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 1 Nr. 1 BGB wäre eine sol­che Ver­ein­ba­rung unwirk­sam, glei­ches müss­te man wohl auch nach § 309 Nr. 7 BGB anneh­men, weil der Bau­un­ter­neh­men wohl damit bezweckt die eige­ne Haf­tung aus­zu­schlie­ßen. Weit gefehlt, die eige­ne Haf­tung für Schä­den an Leib und Leben an Kin­dern kann man in Deutsch­land nicht im Wege von all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ausschließen.

Man sieht, die Schil­der sind voll­kom­men sinn­los. Ange­sichts der wei­ten Ver­brei­tung freu­en sich aber sicher­lich die Schil­der­ma­cher dar­über, dass sie den gan­zen Bau­un­ter­neh­men voll­kom­men sinn­lo­se Schil­der andre­hen können.

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