Eine häufig diskutierte Frage (gestern – 22. Juli – wurde das Thema gleich zwei Mal auf Facebook in der Diabetes Typ‑1 Gruppe diskutiert) ist, ob man automatisch nach vier Jahren eine neue Pumpe bekommt oder zumindest einen Anspruch auf eine neue Pumpe habe.
Die Antwort ist leicht und genau so kurz: Nein!
Woher kommt dieser Irrglaube? Nun Accu-Chek, vormals Disetronic, hatten bis vor wenigen Jahren ausschließlich Insulinpumpen im Programm, die eine feste Laufzeit von genau vier Jahren hatten, nicht mehr und nicht weniger. Verlängern ließ sich diese Zeit nicht. Daher kommt wohl die Vermutung man hätte nach vier Jahren einen Anspruch auf eine neue Pumpe. In dem Fall war es damals tatsächlich so, denn die alte war ja nicht mehr funktionstüchtig, im Prinzip für den Anwender kaputt. Heute gibt es jedoch keine Insulinpumpen mit fester Laufzeit mehr, nun laufen die Pumpen so lange wie sie laufen, bis sie kaputt gehen.
Ein weiterer Grund für diesen Irrglauben könnte sein, dass diese Insulinpumpen eine Garantie von vier Jahren haben (zur Abgrenzung von Garantie und Gewährleistung klicke hier). Innerhalb dieser vier Jahre wird eine Pumpe, sofern sie defekt ist, repariert oder ausgetauscht, nach diesen vier Jahren müsste die Krankenkasse einen Austausch oder eine Reparatur bezahlen. Das ist offensichtlich unwirtschaftlich, weswegen die Krankenkassen dies regelmäßig nicht tun. In der Folge bekommen Patienten dann eine neue Pumpe verordnet und – sofern die Krankenkasse diese genehmigt – erhalten dann eine nagelneue Insulinpumpe; natürlich das neuste Modell.
Viele beschweren sich darüber: Mal ein Beispiel, auf einen Fernseher gibt es je nach Hersteller ein oder zwei Jahre Garantie. Mercedes gibt auf Neuwagen der Oberklasse, die teilweise über 100.000,00 EUR kosten zwei Jahre Garantie. Nun, wer würde sich heute einen Mercedes C‑216 für 120.000,00 EUR kaufen, und dann – weil die Garantie ja schon am 23. Juli 2015 abläuft – am 24. Juli 2015 einen neuen Mercedes für einen ähnlichen Kurs. Ich denke das ist auch ein guter Maßstab, jeder der nach vier Jahren eine neue Pumpe bekommen möchte und bei dem die Krankenkasse diese Folgeverordnung sollte sich – so schmerzhaft es auch sein mag – fragen, ob er die neue Pumpe auch einfordern würde, wenn er sie selber bezahlen müsste!
Nun kann man natürlich sagen, eine Pumpe ist ja ein medizinisches Produkt, das immer funktionieren müsste und sehr wichtig ist! Derjenige hat natürlich recht, eine Pumpe kann aber auch nach drei Wochen defekt sein und wenn die Pumpe nach sechs Jahren kaputt geht, kein Problem: Kurzer Anruf bei der Hotline und wenn man zu Anfang einen vernünftigen Pumpenhersteller gewählt hat ist spätestens Morgen die neue Pumpe da, diese Ersatzpumpe begleitet einen so lange, bis die neue Folgeverordnung durch ist, nach der Genehmigung behält man sie entweder oder erhält eine neue zum Austausch.
Bitte nicht falsch verstehen: Jeder sollte dann eine neue Pumpe erhalten, wenn er sie benötigt, beispielsweise, wenn die alte Pumpe defekt ist oder die neue Pumpe Funktionen hat, die die alte Pumpe nicht hat, die man nun aber dringend braucht.
Hinweis: Nicht alle Krankenkassen stören sich daran nach vier Jahren eine neue Pumpe zu genehmigen, auf einen Versuch kann man es also ruhig ankommen lassen, allerdings steigt die Zahl der Krankenkassen, die nicht nach vier Jahren eine neue Pumpe genehmigen immer stärker an. Wirtschaftlich ist es einfach unsinnig und wiegt den medizinischen Mehrwert meines Erachtens nicht annähernd auf; zumindest dann nicht, wenn der Austausch nach vier Jahren nur dem Selbstzweck dient und nicht dazu einen Defekt auszubessern.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.