Arbeitnehmer, die nicht schwerbehindert (GdB >= 50) sind, bei denen aber eine Behinderung (GdB < 50) festgestellt worden ist, können sich gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX auf Antrag mit einem schwerbehinderten Menschen gleichstellen lassen. Dafür muss ein GdB zwischen 30 und 40 bestehen und der Arbeitsplatz bedroht sein oder der behinderte Mensch muss aufgrund der Behinderung Probleme haben einen geeigneten Arbeitsplatz zu erlangen. Diese Gleichstellung bewirkt dann eine teilweise arbeitsrechtliche Gleichstellung.
Bereits vor einigen Monaten haben der Patientenverband Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes und der Gesamtverband diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe darüber berichtet (Pressemitteilung vom 01. März 2013), dass Diabetiker häufig Probleme haben, wenn sie verbeamtet werden möchten. Das kann dann der Fall sein, wenn die gesundheitliche Eignung in Frage steht. Die beiden Verbände und der Rechtsanwalt Oliver Ebert führten hierzu aus, dass es in solchen Fällen ratsam sein kann zunächst eine Schwerbehinderung zu beantragen und dann die Verbeamtung zu forcieren, da dadurch die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung herabgesetzt werden und eine solche Verbeamtung aufgrund des Diabetes dann regelmäßig nicht mehr verweigert werden kann. Das Problem ist hierbei, dass nicht jeder Diabetiker eine Schwerbehinderung anerkannt bekommt (zu den Voraussetzungen: Unter welchen Voraussetzungen bekomme ich einen Schwerbehindertenausweis mit Diabetes?).
Mit Urteil vom 19. Juni 2013 (Az.: L 6 AL 116/12) hatte das Landessozialgericht (LSG) Darmstadt über einen solchen Antrag auf Gleichstellung eines Lehrers zu entscheiden. Dieser Lehrer, der an Multiple Sklerose leidet war zunächst als Studienrat im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Probe beschäftigt (dieses Beamtenverhältnis auf Probe geht einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit immer voraus). Nach in der Regel drei Jahren wird dann über eine endgültige Verbeamtung auf Lebenszeit entschieden. Der Lehrer wurde nicht in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen, da er nicht die notwendige gesundheitliche Eignung hätte; ihm wurde dann ein Arbeitsvertrag für angestellte Lehrer angeboten. Er beantragte daraufhin bei der Agentur für Arbeit die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen, um damit die Anforderungen an eine gesundheitliche Eignung zu reduzieren. In der Regel wäre dann eine gesundheitliche Eignung von lediglich fünf Jahren nachzuweisen. Die Agentur für Arbeit lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Arbeitsplatz nicht bedroht sei. Auf die Klage entschied das Sozialgericht (SG), dass diese Ablehnung rechtswidrig sei. Dieses Urteil hat das LSG Darmstadt nun bestätigt; die Revision zum Bundessozialgericht hat es nicht zugelassen (das Urteil liegt leider noch nicht im Volltext vor). Das LSG war der Auffassung, dass es nicht ausreiche, dass man eine Tätigkeit irgendwie ausüben könne, denn der Lehrerberuf würde typischerweise im Beamtenberhältnis ausgeübt.
Ein behinderter Mensch ist folglich gleichzustellen, wenn er beabsichtigt eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.