Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat kürzlich über einen Fall entschieden, in dem eine Frau wegen anhaltender Erkrankung (siehe zur Kündigung wegen einer Krankheit) von einem Krankenhaus gekündigt wurde, weil sie keinen Nachtdienst leisten konnte.
Die Arbeitnehmerin arbeitete seit 1983, d. h. seit fast 30 Jahren, in dem Krankenhaus. Bei dem Krankenhaus handelt es sich um ein Vollversorgungskrankenhaus mit 2.000 Angestellten. Das Pflegepersonal muss dort auch Nachtschichten von 21:45 Uhr bis 6:15 Uhr leisten und arbeitet sonst im Schichtdienst. Diesen Dienst erfüllte die Arbeitnehmerin seit 1983 als Krankenschwester im Schichtdienst. Eine Betriebsvereinbarung zwischen dem Krankenhaus und dem Betriebsrat (Arbeitnehmervertretung) regelt, dass die Schichtarbeit gleichmäßig unter den Mitarbeitern zu verteilen ist. Am 12. Juni 2012 musste sich die Mitarbeiterin einer betriebsärztlichen Untersuchung unterziehen. Der Betriebsarzt stellte bei dieser Untersuchung fest, dass diese Mitarbeiterin kein Nachtdienst mehr leisten könne und daher arbeitsunfähig sei. Diese Nachtdienstunfähigkeit kommt von einer medikamentösen Behandlung.
Die Mitarbeiterin sah dies anders und war der Meinung, dass sie zwar nachtdienstunfähig, nicht aber arbeitsunfähig, sei. Sie bot dem Krankenhaus auch ihre Arbeitsleistung an. Die Mitarbeiterin klagte darauffolgend auf Weiterbeschäftigung und Zahlung der vertragsmäßigen Vergütung. Das Bundesarbeitsgericht entschied nun (Urteil vom 09.04.2014, Az.: 10 AZR 637/13), dass die Mitarbeiterin aufgrund ihrer Nachtdienstunfähigkeit nicht arbeitsunfähig ist. Vielmehr muss das Krankenhaus die Mitarbeiterin weiterbeschäftigen und ihr die vertragsmäßige Vergütung auch für den Zeitraum bezahlen, in dem das Krankenhaus die Beschäftigung der Mitarbeiterin verweigert hatte. Hintergrund ist, dass die Mitarbeiterin arbeitswillig war, insbesondere auch ausdrücklich ihre Arbeitsleistung anbot und nicht verhindert war. Das Krankenhaus hingegen weigerte sich die Arbeitsleistung anzunehmen und befand sich daher in Annahmeverzug. Das Krankenhaus muss nun auf die Erkrankung und die damit einhergehenden körperlichen Defizite der Mitarbeiterin Rücksicht nehmen und darf sie nur tagsüber einteilen und muss sie weiterbeschäftigen.
Das Urteil liegt noch nicht im Volltext vor, ist aber rechtskräftig.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.