Spiegel Online hat am 18. Mai 2014 unter dem Titel „Versicherung für Bus und Bahn: Klub der Schwarzfahrer“ über ein schwedisches Projekt berichtet, bei dem wohl in Schweden viele Bürger ohne Fahrticket den öffentlichen Personennahverkehr benutzen. Kontrollen gäbe es dort wohl selten und seit kurzem gäbe es eine Versicherung gegen die Strafen. Diese koste umgerechnet EUR 11,00. Bei dem Preis nimmt die Versicherung wohl doppelt so viel an Beiträgen ein, wie sie für die Strafen auskehren muss. So ein richtig seriöses und legales Geschäftsmodell scheint das ganze aber nicht zu sein, denn die Versicherung tritt unter dem Namen Planka.nu auf. „.nu“ steht für die Topleveldomain der Insel Niue, die sich im Süpazifik in der Nähe von Tonga befindet und mutmaßlich mit Behörden keine Daten von den registrierenden Personen austauscht und die dahinterstehenden Personen – anders als die Denic in Deutschland – auch nicht veröffentlicht. Entsprechend scheint diese „Versicherungsgesellschaft“ in Schweden auch nur ein Postfach zu besitzen. Das ganze scheint also auch in Schweden höchst problematisch zu sein.
In Deutschland soll ein 16-jähriger Schüler dasselbe Modell ausprobiert haben, wobei seine Webseite wohl nicht mehr erreichbar ist.
In Deutschland handelt es sich beim Schwarzfahren um die Straftat „Erschleichen von Leistungen“, strafbar gemäß § 265a StGB. Grundsätzlich ist es wohl in Deutschland weit verbreitet, dass das Schwarzfahren – wenn man erwischt wird – mit der Zahlung von EUR 40,00 erledigt ist und keine weiteren Folgen hat.
§ 265a StGB
(1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Der Versuch ist strafbar.
[…] (Hervorhebungen durch den Autor)
Wie man der Strafnorm unschwer erkennen kann, kann das Schwarzfahren, bzw. erschleichen von Leistungen mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden. Grundsätzlich ist es so, dass die Verkehrsbetriebe spätestens, wenn man nicht das erste Mal erwischt wird, Strafanzeige erstatten. Auch das geht maximal einmal glimpflich aus, danach erhebt die Staatsanwaltschaft öffentliche Klage beim Amtsgerichts des Wohnsitzes des Schwarzfahrers. Dort erhält man eine empfindliche Geldstrafe, diese beträgt in der Regel zwischen 1 1/2 und 2 Monatsgehältern (!!!) des Schwarzfahrers bei der ersten Verurteilung, bei der zweiten Verurteilung dürfte die Strafe eher zwischen 3 und 6 Monatsgehältern liegen. Danach gibt es keine Geldstrafen mehr, sondern eine Gefängnisstrafe, sofern man annehmen kann, dass der Schwarzfahrer sich zukünftig an das Gesetz halten werde (Ignoranten gehen, wenn sie Pech haben, direkt ins Gefängnis), auf Bewährung. Die Bewährungszeit dauert dann zwei bis drei Jahre und die Gefängnisstrafe beträgt 3 bis 6 Monate, die wie ein Damoklesschwert die nächsten Jahre über dem Schwarzfahrer schwebt. Egal, was der Schwarzfahrer in dem Zeitraum für eine andere Straftat begeht, er muss damit rechnen, dass das Amtsgericht die Bewährung wiederruft und der Schwarzfahrer ins Gefängnis muss. Für ganz renitente kommt man dann auch irgendwann zu einer Gefängnisstrafe von bis zu 1 Jahr (je Mal schwarzfahren versteht sich, d. h. wenn drei Mal erschleichen von Leistungen angeklagt ist, gibt es je drei Einzelstrafen von bis zu 1 Jahr). Dann sitzt man tatsächlich längere Zeit im Gefängnis für Schwarzfahren. Mal abgesehen davon, dass der Schwarzfahrer auch die Gerichts- und Ermittlungskosten zu tragen hat sowie ggf. den Aufenthalt im Gefängnis.
Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.