Gemäß § 85 SGB IX bedarf die Kündigung eines schwerbehinderten Menschens der Zustimmung des Integrationsamtes.
§ 85 Erfordernis der Zustimmung
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.
Eine Kündigung, die ohne Zustimmung erteilt wurde ist unwirksam.
Kürzlich hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart über die Zustimmung zur Kündigung durch das Integrationsamt im Falle einer ehemaligen Schlecker-Arbeitnehmerin zu entscheiden. Streitig war, welche Anforderungen der – üblicherweise mit dem Betriebsrat geschlossene – Interessenausgleich- und Sozialplan erfüllen muss.
Gekündigt wurde die Arbeitnehmerin von dem Insolvenzverwalter, der die Leitung des Unternehmens nach dem Insolvenzantrag übernommen hatte. Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin Klage vor dem Arbeitsgericht und ficht gleichzeitig die Zustimmung des Integrationsamtes vor dem Verwaltungsgericht an. Letzteres gab ihr nun recht. Das Integrationsamt basierte seine Entscheidung auf der Tatsache, dass die schwerbehinderte Arbeitnehmerin auf der Liste der Arbeitnehmer, für die der Interessenausgleich gelten solle, genannt ist. Richtigerweise monierte das Verwaltungsgericht, dass dem nicht entnommen werden könne, das sich das Integrationsamt oder die Betriebsparteien die besondere Situation schwerbehinderter Arbeitnehmer berücksichtigt hätten. Dem Sozialplan konnte, so das Gericht, nicht entnommen werden unter welchen Kriterien Besonderheiten wie eine Schwerbehinderung berücksichtigt wurden. Schlecker hat diese Kriterien weder dargelegt, noch wurde Schlecker vom Integrationsamt aufgefordert dies zu tun.
Das Verwaltungsgericht hielt dies für ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig und hob den Verwaltungsakt (die Zustimmung zur Kündigung) auf.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.