Kei­ne Bera­tungs­hil­fe zur Bean­tra­gung eines Gra­des der Behin­de­rung (Schwer­be­hin­de­rung)

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG, Beschluss vom 04.04.20161 BvR 2607/15) hat ent­schie­den, dass kein Anspruch auf Bera­tungs­hil­fe besteht, um einen Antrag auf Fest­stel­lung eines Gra­des der Behin­de­rung besteht.

Bera­tungs­hil­fe ist eine Leis­tung des Rechts­staa­tes, um bedürf­ti­gen Men­schen Zugang zu einer außer­ge­richt­li­chen Rechts­be­ra­tung oder außer­ge­richt­li­chen Ver­tre­tung zu ermög­li­chen. Die Gebüh­ren des Rechts­an­wal­tes sind dann sehr stark redu­ziert (der Rechts­an­walt erhält EUR 85,00 vom Staat und EUR 15,00 von dem Rechts­su­chen­den). Außer­dem ist es dem Rechts­an­walt gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 BRAO ver­bo­ten, das Man­dant abzu­leh­nen, wenn dem Rechts­su­chen­den Bera­tungs­hil­fe bewil­ligt wor­den war.

Ein Mann aus dem Bezirk des Amts­ge­richts Bay­reuth hat­te Bera­tungs­hil­fe bean­tragt. Das AG Bay­reuth (AG Bay­reuth, Beschluss vom 24. August 201545 UR II 560/15) lehn­te die Bera­tungs­hil­fe mit der Begrün­dung ab, dass bereits ent­schie­den sei, dass dem Rechts­su­chen­den hin­rei­chen­de Infor­ma­ti­ons­quel­len durch die Behör­de sel­ber zur Ver­fü­gung steht. Daher nahm das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht zur Ent­schei­dung an.

Grund­sätz­lich kann einem Rechts­su­chen­den gemäß § 1 Abs. 1 BerHG Bera­tungs­hil­fe gewährt wer­den wenn:

1. der Recht­su­chen­de die erfor­der­li­chen Mit­tel nach sei­nen per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen nicht auf­brin­gen kann,
2. nicht ande­re Mög­lich­kei­ten für eine Hil­fe zur Ver­fü­gung ste­hen, deren Inan­spruch­nah­me dem Recht­su­chen­den zuzu­mu­ten ist,
3. die Inan­spruch­nah­me der Bera­tungs­hil­fe nicht mut­wil­lig erscheint.

Num­mer 2 war hier nicht erfüllt, da es ande­re Hil­fe gab.

Aus dem Urteil (BVerfG, Beschluss vom 04.04.20161 BvR 2607/15):

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de wird gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men, weil sie kei­ne Aus­sicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Sie ist offen­sicht­lich unzu­läs­sig, weil sie nicht den gesetz­li­chen Bestim­mun­gen der §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2, 1. Halb­satz BVerfGG ent­spre­chend begrün­det ist. 3
Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat bereits ent­schie­den, dass ein Unbe­mit­tel­ter für eine Antrag­stel­lung auf die Gewäh­rung einer Erwerbs­min­de­rungs­ren­te auf­grund der gemäß § 14 Sozi­al­ge­setz­buch Ers­tes Buch (SGB I) bestehen­den Bera­tungs­pflicht zurecht auf die Bera­tung des Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­gers ver­wie­sen wird, da auch ein bemit­tel­ter ver­stän­di­ger Bür­ger zunächst ver­su­chen wür­de, die kos­ten­freie Bera­tung durch die zustän­di­ge Behör­de in Anspruch zu neh­men (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kam­mer des Ers­ten Senats vom 14. Dezem­ber 2011 – 1 BvR 2735/11 -, juris, Rn. 9 f.). Hier­mit setzt sich die Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht aus­ein­an­der. Es fehlt an einer hin­rei­chend sub­stan­ti­ier­ten Dar­le­gung, wes­we­gen im Fal­le eines Antrags auf die Fest­stel­lung eines Gra­des der Behin­de­rung nach dem Sozi­al­ge­setz­buch Neun­tes Buch (SGB IX) und unter Berück­sich­ti­gung der Beson­der­hei­ten des Ein­zel­fal­les des Beschwer­de­füh­rers etwas ande­res gel­ten sollte. 4
Von einer wei­te­ren Begrün­dung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen. 5

Soweit ein Antrag auf Fest­stel­lung einer Behin­de­rung abge­lehnt oder zu nied­rig bewer­tet wird, steht dem Rechts­su­chen­den jedoch Bera­tungs­hil­fe oder für das gericht­li­che Ver­fah­ren Pro­zess­kos­ten­hil­fe zu, soweit die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind.

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