Ab und zu kommt es vor, dass Arbeitgeber Stellenbewerber bitten eine Einstellungsuntersuchung über sich ergehen zu lassen. Auch wenn dies wohl glücklicherweise nicht die Regel ist, fragen sich Diabetiker zu recht: „Muss ich zu der Einstellungsuntersuchung gehen und wenn ja, darf davon eine Einstellung abhängig gemacht werden?“
Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber einen Stellenbewerber natürlich nicht zwingen an einer Einstellungsuntersuchung teilzunehmen, man kann folglich sagen, man möchte hieran nicht teilnehmen (vgl. Preis, a. a. O., § 611, Rn. 294). Die Folge wäre dann aber unausweichlich, dass das Bewerbungsverfahren für diesen Stellenbewerber beendet wäre. Denn eine solche Einstellungsuntersuchung kann – sofern sie ausschließlich auf (wenn auch nur theoretisch) freiwilliger Basis erfolgt – verlagt werden (vgl. Preis, in: Dieterich/Hanau/Schaub, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 13. Auflage 2013, § 611, Rn. 292 ff.). Grundsätzlich muss der Arbeitgeber aber ein berechtigtes Interesse an der Gesundheitsprüfung haben, d. h. der Arbeitgeber darf nur verlangen, dass ihm testiert wird, ob der Arbeitnehmer zum gegenwärtigen Zeitpunkt für diese konkrete Stelle geeignet ist (vgl. Preis, a. a. O., § 611, Rn. 293). Hierbei hat er zu prüfen, ob etwaige Gebrechen die Arbeitsfähigkeit Dauerhaft oder in periodisch aufhebt. Sofern man also aufgrund eines Schnupfens oder wohl auch aufgrund einer Schwangerschaft derzeit an der Arbeitsfähigkeit gehindert wäre, würde es dennoch zu einem positiven Testat kommen, denn die Arbeitsfähigkeit wäre dann allenfalls kurzfristig aufgehoben. Es erfolgt darüber hinaus also gerade keine Zukunftsprognose bis zum Rentenalter, vergleichbar mit der Einstellungsuntersuchung vor der Ernennung zum Beamten. Es kommt daher nicht darauf an, ob Diabetiker mit zunehmender Dauer der Erkrankung häufiger krank werden oder vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden. Zu prüfen ist ausschließlich, ob der Arbeitnehmer jetzt gerade die Tätigkeit ausüben kann und wenn nicht, ob diese Erkankung dauerhaft besteht. Sofern die Einstellungsuntersuchung gesetzlich vorgeschrieben ist, gibt es eine Pflicht zur Teilnahme (vgl. Preis, a. a. O., § 611, Rn. 295).
Der Arzt unterliegt, auch wenn es sich um einen Werks- oder Betriebsarzt handelt, unbeschränkt der Schweigepflicht, er darf folglich keine Untersuchungsergebnisse herausgeben oder andere Auskünfte erteilen, die über die Auskunft, ob der Bewerber geeignet ist oder nicht hinausgehen (vgl. Preis, a. a. O., § 611, Rn. 296). Eine mögliche Entbindung von der Schweigepflicht müsste ausdrücklich geschehen (vgl. Preis, a. a. O., § 611, Rn. 296). Ein Arzt darf die Kenntnisnahme des Arbeitgebers auch nicht dadurch dulden, in dem er die Akte offen herum liegen lässt.
Sofern die Gesundheitsprüfung negativ ausfällt kann der Arbeitgeber den Bewerber ablehnen, da er ungeeignet ist, die Tätigkeit auszuüben; außerdem ist es denkbar, dass der Arbeitsvertrag unter der auflösenden Bedingung einer positiven Bedingung steht (vgl. Preis, a. a. O., § 611, Rn. 299). In dem Falle würde der Arbeitsvertrag nachträglich aufgelöst werden, falls die Gesundheitsprüfung negativ ausfällt.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.