Wer kennt es nicht, man geht in das nächste Geschäft kauft irgendeine Sache (§§ 90, 90a Satz 3 BGB) und merkt nach kurzer Zeit, dass die Sache nicht so funktioniert, wie sie es eigentlich sollte. So etwas ist immer ärgerlich und meistens für beide; sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer. Der Käufer muss dann erneut zu dem Laden fahren (häufig erklären sich andere Filialen des selben Unternehmens dann auch noch für unzuständig) und hat dann häufig mit unfreundlichen und wenig motivierten Mitarbeitern zu „kämpfen“. Insbesondere liegt dies auch an einer mangelnden Ausbildung in Sachen Mängelrecht des Verbrauchers, jedenfalls hoffe ich dies und vermeide den Gedanken, dass diese Mängelrechte absichtlich durch das Unternehmen beschnitten werden sollen.
Beispiel
Im Herbst vergangenen Jahres hatten wir folgendes Problem: Wir erwarben einen Laptop bei einem großen deutschen Elektronikhändler, der mit roten Reklamen wirbt. Den Laptop verwendeten wir nur kurze Zeit, bis plötzlich immer wieder Fehler auftraten, nun ja, Recovery des Betriebssystem probiert (die DVDs werden heutzutage nicht einmal mehr mitgeliefert und das Programm, dass die Recovery DVDs erstellt war wohl mangelhaft). Die Recovery Prozedur schlug fehl, naja alles ins Auto und wieder ins Geschäft. Dort erklärt man uns, dass das Gerät eingeschickt werden müsse und wir bis dahin ohne Laptop auskommen müssten. Auf meinen Einwand, dass es ja auch Menschen geben könnten, die solche Geräte beruflich benötigen und nicht mal eben 14-Tage darauf verzichten können oder wollen, sagte man lapidar, das wäre dann eben so. Sie könnten da jedenfalls nicht machen, insbesondere würden sie kein Neugerät herausgeben. In diesem Punkt irrte der ungeschulte Mitarbeiter leider gehörig.
Mangelrechte
Rechtliche Rahmenbedingungen
Ob ein Sachmangel vorliegt ist nach § 434 BGB zu beurteilen. In Absatz 1 ist dort geregelt, wann eine Sache mangelfrei ist, im Umkehrschluss weiß man dann, wann eine Sache mangelhaft ist. Demnach ist eine Sache mangelhaft, wenn sie – im Falle einer vertraglichen Vereinbarung einer Beschaffenheit – nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder wenn es hierzu keine vertragliche Vereinbarung gibt, wenn sich die Sache für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Ziffer 1 BGB) oder wenn es keine vertraglich vorausgesetzte Verwendung gibt, wenn sich die Sache für die übliche Verwendung eignet und eine übliche Beschaffenheit aufweist (<§ 434 Abs. 1 Ziffer 2 BGB). Darüber hinaus kann es auch ein Sachmangel sein, wenn die vereinbarte Montage (durch den Verkäufer oder seine Erfüllungsgehilfen, wie einen Subunternehmer) schlecht oder falsch durchgeführt wird (§ 434 Abs. 2 Satz 1) oder wenn die Montageanleitung (bei Selbstmontage) mangelhaft ist und ein korrekter Aufbau so nicht möglich war (§ 434 Abs. 2 Satz 2 BGB in der Literatur auch Ikea-Klausel genannt). Ferner sind auch die Regeln über Sachmängel anzuwenden, wenn der Verkäufer eine andere Sache (rechtlich ein Aluid) oder eine zu geringe Menge liefert (§ 434 Abs. 3 BGB). Ich richte mich heute nach dem ersten Absatz, weil das doch das gängigste ist. Wichtig ist, dass diese Prüfung bei Gefahrübergang, bei Verbrauchern also bei der Übergabe, durchzuführen ist. Der Mangel muss zwar nicht erkennbar sein, er muss allerdings zu dem Zeitpunkt bestanden haben. Geht diese Sache später kaputt und war der Mangel bei Übergabe noch nicht angelegt ist dies „pech“. Bei Verbrauchern gibt es hier noch eine Sonderregelung, so dass dies in der Regel innerhalb der ersten 6 Monate keine Rolle spielt, dazu mehr am Ende des Artikels. Jetzt wisst ihr also was ein Sachmangel ist und könnt dies auch in den Situationen einschätzen, in denen es vielleicht nicht ganz auf der Hand liegt, wie Ding kaputt. Nur zur Vollständigkeit gibt es noch den Rechtsmangel (§ 435 BGB) und den Mangel durch öffentliche Lasten (§ 436 BGB).
Verfahren
Also fährt man nun zurück in das Geschäft und erzählt, dass die Sache kaputt ist. Gut und schön, was hat man nun für Rechte? Welche Rechte man nun also hat steht in § 437 BGB, Voraussetzung hierfür ist aber, dass nach § 434 BGB – wie beschrieben – ein Mangel besteht, vgl. § 437 Satz 1 am Anfang BGB. Die nachfolgenden Rechte sind enumerativ aufgelistet und stehen nicht wahlweise zur Verfügung, sondern nach einander. Macht hat also die folgenden Rechte: Zunächst kann man die Nacherfüllung i. S. v. § 439 BGB verlangen (hierzu gleich mehr, weil dies der relevanteste Teil ist), sollte diese fehlschlagen oder verweigert worden sein (§ 437 Ziffer 1 BGB, kann man von dem Vertrag zurücktreten (also beide haben alle Leistungen zurück zu gewähren, d. h. der Käufer gibt die Sache heraus und der Verkäufer das Geld) oder den Kaufpreis mindern und die Sache behalten (§ 437 Ziffer 2 BGB) und wenn man zurücktritt Schadenersatz verlangen (§ 437 Ziffer 3 BGB).
Nacherfüllung
Wenn man die Sache – wie hier den Laptop – wieder zurück in das Geschäft trägt, verlangt man rechtlich betrachtet eine Nacherfüllung. Die Nacherfüllung ist in § 439 BGB geregelt und setzt kein Verschulden des Verkäufers voraus (d. h. es ist unerheblich, ob der Verkäufer „etwas für den Mangel kann“, es kommt nur darauf an, dass die Sache nicht ist, wie sie sein sollte). Gemäß § 439 Abs. 1 BGB bedeutet „Nacherfüllung“, dass der Verkäufer die Sache zu reparieren hat (Beseitigung des Mangels) oder aber neue (mangelfreie) Ware zu liefern hat. Und hier fängt bei einem „Umtausch“ in der Regel das Problem an, denn als der Mitarbeiter des Elektronikkonzerns sagte, er müsse das Gerät zum Händler einschicken und wir müssten 14 Tage auf das Gerät verzichten, wurde mir sofort klar, dass der Mitarbeiter mangelhaft geschult ist (somit war nicht nur das Gerät „mangelhaft“). Denn in § 439 Abs. 1 BGB steht klar und eindeutig:
Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen [Hervorhebung durch den Autoren].
Dieser Satz beschreibt die Rechtslage ganz eindeutig und völlig unzweifelhaft. Dort steht, dass der Käufer wählen kann, ob er die Sache repariert haben möchte oder lieber ein neues Gerät haben möchte und damit nicht 14 Tage wartet, sondern vom 1. OG einen neuen Laptop holt. Der Käufer ist aber nicht der Mitarbeiter des roten Elektronikmarktes, sondern der der den Laptop bezahlt hat und mit dem Gerät wiedergekommen ist – mithin in dem Fall wir. Einzige Voraussetzung ist, dass man eine entsprechende Willenserklärung abgibt, also sagt oder schreibt, „Ich möchte ein neues Gerät, weil folgender Mangel aufgetreten ist: […]“. Dies ist nur dann ausgeschlossen, wenn eine identische Sache nicht mehr vorhanden ist; dies kann daher rühren, dass es sich um ein Einzelstück handelt oder dass ein solches Produkt nicht mehr bezogen werden kann, hierbei ist eine Nachbesserung durch Neulieferung unmöglich und der Käufer muss sich mit einer Reparatur – sofern diese möglich ist – zufrieden geben. Der Verkäufer braucht sich auch dann nicht auf eine Neulieferung einzulassen, wenn die Kosten einer Neulieferung unangemessen höher sind als die einer Reparatur. Als Beispiel fand ich in der Literatur folgendes: Ein Käufer kauft einen Pkw. Nach dem Kauf stellt sich heraus, dass der Fensterheber defekt ist und ein Scharnier Rostspuren aufwies. Die Beseitigung der Mängel hätte ca. 500 Euro gekostet, wohingegen eine Neulieferung eines Pkw unverhältnismäßig mehr kostet, insbesondere wenn man bedenkt, dass der erste Pkw nach einer Reparatur auch nicht mehr zu einem angemessenen Preis hätte verkauft werden können, da dieser bereits auf den Käufer zugelassen war und alleine dadurch schon erheblich an Wert verloren hatte. Insofern ist zu beachten, dass die Wahl daran scheitern kann, dass das Gerät einen zu hohen Wertverlust hinnehmen muss. Eine Selbstvornahme, also das Gerät von einem Dritten reparieren zu lassen oder ein neues Gerät bei einem Dritten zu erwerben und Schadenersatz zu verlangen, ist nach h. M. zunächst nicht zulässig. Die Kosten der Nacherfüllung hat der Verkäufer zu tragen.
Verjährung
2 Jahresfrist
Wichtig ist auch die Frage, wie lange man die Ansprüche geltend machen kann. Dies sind generell bei beweglichen Sachen (und das sind die relevantesten, da bei unbeweglichen Sachen ohnehin ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden sollte) gemäß § 438 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 BGB 2 Jahre. Man hat also 2 Jahre Gewährleistung auf die Sache, zeigt sich innerhalb der Zeit ein Mangel hat der Verkäufer die Sache auf eigene Kosten zu reparieren oder auszutauschen. Die Zeit ist zu rechnen ab dem Zeitpunkt, an dem der Verkäufer dem Käufer die Sache übergeben hat (§ 438 Abs. 2 Alternative 2 BGB).
6 Monatsfrist – Verbrauchsgüterkauf
Wie oben bereits beschrieben müssen die Mängel bereits bei Gefahrübergang, in der Regel also bei Erhalt der Ware, vorliegen oder angelegt sein. Dies muss der Käufer auch beweisen, was misslich ist. In der Regel wird es nicht einfach sein, zu beweisen, dass der Fehler des Laptops bereits beim Kauf bestanden hat oder dass ein Teil des Geräts abgebrochen ist und dies bereits auf einen Mangel zurückzuführen ist, der von vornherein angelegt war. Hier kommt dem Verbraucher bei beweglichen Sachen § 476 BGB zu Hilfe. Dort steht, dass bei einem Mangel, der innerhalb von 6 Monaten ab Gefahrübergang auftritt, vermutet wird, dass der Mangel von Anfang an bestand. Hierbei handelt es sich um eine Beweislastumkehr. Dem Verkäufer verbleibt die Möglichkeit das Gegenteil zu beweisen, nämlich, dass der Mangel erst später aufgetreten ist. Dies wird aber genauso schwierig (oft unmöglich sein) wie es das für den Verbraucher anders herum ist. In der Regel wird es auch mit sehr hohen (oft unverhältnismäßigen) Kosten verbunden sein. Nach Ablauf der ersten 6 Monate muss dies wieder der Käufer beweisen, was im Einzelfall durchaus möglich ist.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.