Vor kurzem hat die Bundesregierung ein Pilotprojekt gestartet, Diskriminierungen bei Bewerbungen zu verhindern. Dieses Pilotprojekt richtet sich an anonyme Bewerbungen. Man trägt in die Bewerbung keinen Namen ein, man fügt kein Bild bei, gibt kein Alter bekannt, gibt das Geschlecht nicht bekannt, … in Deutschland bisher undenkbar, in den USA und Kanada seit langem Standard! Deutschland ist ein Land, bei dem man bei Bewerbungen in der Regel sehr viel preisgibt. Man gibt nicht nur seinen Namen, sein Alter und sein Geschlecht preis, man gibt in der Regel auch die Namen von Eltern und Geschwistern, deren Berufe und solche Dinge an. Im Idealfall soll der Arbeitgeber der eine Stelle besetzen möchte anhand der Bewerbungen bewerten, welcher Arbeitnehmer (fachlich) am besten für die zu besetzende Stelle geeignet ist. Um dies zu beurteilen benötigt der Arbeitgeber in aller Regel aber kein Foto, er muss nicht wissen wie die Eltern oder Geschwister heißen oder was die beruflich machen. Selbst wenn man nicht diskriminieren möchte, macht man sich doch auch von diesen Faktoren schon ein Bild von dem Bewerber, was dazu führt, dass dieser Bewerber vielleicht gar nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird und das vielleicht nur, weil die Eltern Hartz IV Empfänger sind und nicht Vorstandsvorsitzende eine DAX-notierten Unternehmens. Dabei können beide Kinder gleich gut für die Stelle geeignet sein. Aus diesem Grund wurde oben beschriebenes Pilotprojekt gestartet, all diese persönlichen Daten bleiben zunächst geheim, so dass ein Arbeitgeber sich auf die Qualifikationen fokussieren kann. In einem Zwischenfazit kam die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu dem Schluss, dass das Projekt ein Erfolg war. Die Personalabteilungen bewerteten das Projekt sehr positiv und kamen zu dem Ergebnis, dass man auch so gute und gut qualifizierte Bewerber finden kann. Nur bei den Bewerbern kam es weniger gut an, nur 45% der befragten Bewerber gaben an, das Verfahren aus dem Pilotprojekt gegenüber dem herkömmlichen Verfahren zu bevorzugen. Diejenigen, die eine Diskriminierung zu befürchten haben, werden das neues Verfahren aber sicherlich zu schätzen wissen. Allerdings haben bis jetzt nur große Konzerne und große Behörden an diesem Pilotprojekt mitgewirkt. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Projekt weiter entwickelt und ich denke, dass dies wirklich einen ordentlichen Beitrag dazu leisten kann, Diskriminierungen bei Bewerbungen zu reduzieren. Ich vermute das viele Diskriminierungen eher unterbewusst passieren, so lernt man aber jeden Bewerber mit guter Qualifikation im Bewerbungsgespräch zunächst kennen, ohne sich vorher Vorurteile zu bilden.
Jan hat deutsches und niederländisches Recht in Bremen, Oldenburg und Groningen studiert und ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in einer Kanzlei für Medizin- und Sozialrecht in Bochum. Außerdem hat er eine Zusatzausbildung im Datenschutz (Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV) gemacht. Schon während seines Studiums engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Diabetes, insbesondere zu Gunsten von Kindern und Jugendlichen, und hat die Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH‑M) e. V. mitbegründet und aufgebaut. Er engagiert sich zudem in der Stiftung Stichting Blue Diabetes.