„Kei­ne Spit­zen­me­di­zin um jeden Preis“

Grund­sätz­lich sind ambu­lan­te medi­zi­ni­sche Behand­lun­gen im euro­päi­schen Aus­land rela­tiv pro­blem­los mög­lich, zumin­dest dann, wenn die Behand­lung eine Regel­leis­tung ist und nicht teu­rer als in Deutsch­land abge­rech­net wird. In einem sol­chen Fall las­sen sich die Kos­ten auch recht pro­blem­los über die gesetz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung abrech­nen. Nicht so in fol­gen­dem Fall: Ein Mann hat­te ein Pro­sta­ta­kar­zi­nom und ließ hier­zu in den Nie­der­lan­den eine spe­zia­li­sier­te MRT Dia­gnos­tik durch­füh­ren. Ziel war es selbst kleins­te Meta­sta­sen fest­stel­len zu kön­nen. Der Mann bezahl­te die Kos­ten für die­se Dia­gnos­tik zunächst sel­ber und stell­te die­se dann sei­ner Kran­ken­kas­se in Rech­nung, die jedoch mit der Begrün­dung ablehn­te, dass es sich dabei nicht um eine Kas­sen­leis­tung han­de­le. Der Mann erhob Kla­ge. Sofern er die­se Dia­gnos­tik nicht durch­ge­führt hät­te und damit die Erkran­kung auch nicht effi­zi­ent hät­te behan­deln las­sen kön­nen, hät­te dies mit­tel­fris­tig wahr­schein­lich zu Inkon­ti­nenz und Impo­tenz geführt. Die Wahr­schein­lich­keit lag hier bei 5080%. Ande­ren­falls wäre – so der Klä­ger – nur eine wesent­lich risi­ko­rei­che­re Ope­ra­ti­on mög­lich gewe­sen. Das Gericht ent­schied jedoch, dass ein Erstat­tungs­an­spruch nicht bestehe, da die The­ra­pie­me­tho­de man­gels Antrags noch nicht vom Gemein­sa­men-Bun­des­aus­schuss unter­sucht und bewer­tet wor­den ist. Beson­de­re Eile bestand vor­lie­gend nach Auf­fas­sung des Gerich­tes nicht, da die Krank­heit nicht sofort töd­lich ver­lau­fen wäre, außer­dem gäbe es genü­gend alter­na­ti­ve Behand­lungs­me­tho­den im Inhalt, auch wenn die­se qua­li­ta­tiv schlech­ter waren. Das Gericht führ­te fer­ner aus:

Die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen sind nicht von Ver­fas­sungs wegen gehal­ten, alles zu leis­ten, was als Mit­tel zur Erhal­tung oder Wie­der­her­stel­lung der Gesund­heit ver­füg­bar ist (Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, Urteil vom 5. März 1997, 1 BvR 1071/95). Der Maß­stab für die Leis­tungs­pflicht nach dem SGB V besteht näm­lich nicht in der Gewähr­leis­tung von „Spit­zen­me­di­zin um jeden Preis“ bis an ihre medi­zi­nisch-tech­ni­schen Gren­zen, son­dern hat sich stets an den zen­tra­len Prin­zi­pi­en der §§ 2,12 SGB V zu ori­en­tie­ren (Bun­des­so­zi­al­ge­richt, Urteil vom 4. April 2006, 1 KR 12/05 R). Nur wenn schul­me­di­zi­ni­sche Behand­lungs­me­tho­den nicht vor­lie­gen oder wegen Beson­der­hei­ten im Ein­zel­fall nicht zuge­mu­tet wer­den kön­nen, kann eine Leis­tungs­er­wei­te­rung in Betracht kom­men (Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, Niko­laus­be­schluss, a. a. O.).

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